Niederländische Sundregister

Quellen

Ein Teilbereich des vorliegenden historischen Informationssystems „Städtesystem und Urbanisierung im Ostseeraum der Neuzeit“ – kurz Ostseestädte – beschäftigt sich mit der Auswertung von Datenbanken zur Schifffahrt und dem Seehandel der Ostseestädte während des 18. Jahrhunderts auf der Grundlage der Niederländischen Sundregister.

Die große Mehrzahl aller Handelsschiffe, die in die Ostsee einfuhren oder sie verließen, passierte den Øresund, die Meerenge zwischen Helsingborg und Helsingør. Hier wurde vom Ende des 15. bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts der so genannte dänische Sundzoll erhoben. Die aus dieser Steuererhebung hervorgegangenen Zollregister sind im dänischen Reichsarchiv in Kopenhagen überliefert und der internationalen Forschung seit langem bekannt. Bereits in der ersten Hälfte des vorigen Jahrhunderts wurden Zusammenfassungen dieser Quellen als "Sundzolltabellen" von Ellinger Bang und anderen ediert.
1992 entdeckte der Groninger Wirtschaftshistoriker Hans van Koningsbrugge im niederländischen Reichsarchiv in Den Haag die so genannten niederländischen Sundregister. Sie stellen für einen längeren Zeitraum im 18. Jahrhundert eine Parallelüberlieferung zu den dänischen Sundzollregistern dar. Diese Register wurden von einem niederländischen Kommissar erstellt, der im Auftrag der Generalstaaten den Schiffsverkehr durch den Øresund verfolgte und darüber regelmäßig Berichte verfasste. In den Registern sind für Schiffe, die den Sund passierten, jeweils Datum, Name und Herkunft des Schiffers, Abgangs- und Bestimmungshafen sowie eine Ware als die hauptsächliche Ladung angegeben.

Datenbank

Ausgehend von diesem Quellenfund entstand in den Niederlanden ein Gemeinschaftsprojekt verschiedener Einrichtungen, mit dem Ziel, ausgewählte Jahrgänge digital zu erfassen. Bis 1998 gaben Freiwillige und Nutzer insgesamt 13 Jahrgänge (nämlich 1721-1723, 1731, 1741-1743, 1751-1753 und 1761-1763) in eine Datenbank ein. Diese Daten, die etwa 50.000 Schiffspassagen durch den Sund beinhalten, wurden 1999 ins Internet gestellt und sind seitdem der Öffentlichkeit frei zugänglich (http://www.nationaalarchief.nl/sont). Das Reichsarchiv in Den Haag hat sie zur freien Nutzung in unserem Forschungsvorhaben ausdrücklich freigegeben.
Im Rahmen eines Vorgängerprojektes an der Universität Rostock wurden die Daten für jeden erfassten Jahrgang und jeden einzelnen Ostseehafen in Tabellenform zusammengestellt. Dabei wurden die nur lückenhaft überlieferten Jahre 1731 und 1752 ausgesondert und vier chronologische Blöcke (1721-23, 1741-43, 1751/1753, 1761-1763) gebildet. An der Strukturierung der Datenbank waren Karsten Labahn, Gyula Pápay, Stefan Kroll und Birgitt Hellmann beteiligt.

Für das vorliegende Projekt „Ostseestädte“ wurde die Datenbank durch Ruth Espinosa und Mike Jensen nach folgenden Gesichtspunkten (in Balken- und Tortendiagrammen je Zeitblock) ausgewertet:

  • Schiffsbewegungen Import
  • Schiffsbewegungen Export
  • Warenimport
  • Warenexport

Bei den angegebenen Werten handelt es sich um Durchschnittswerte pro Zeitblock, also für jeweils zwei bzw. drei Jahre. Die einzelnen Warenladungen, die in den Niederländischen Sundregistern vorzufinden waren, wurden in Anlehnung an eine zeitgenössische schwedische Warensystematik zu Warenobergruppen zusammengefasst und in den Tortendiagrammen farblich visualisiert. Im Einzelnen sind dies:

Warenobergruppe Farbe Warenobergruppe Farbe Warenobergruppe Farbe
Asche dunkelgrau Holzwerk braun Spezerei olivgrün
Ballast weiß Kaufmannsware rosa Steine neongrün
Eisen und Kupfer rot Korn, Mehl, Brot, Saat gelb Stückgut pink
Fisch türkis Pech und Teer schwarz Wein lila
Hanf, Flachs, Tauwerk dunkelgrün Salz blau Sonstiges hellgrau

Die große Stärke der niederländischen Sundregister liegt in den guten Vergleichsmöglichkeiten, die sie bieten, da für eine große Anzahl von Hafenstädten im Ostseeraum über einen längeren Zeitraum hinweg sehr einheitliche und eben deshalb auch gut vergleichbare Informationen vorliegen. Die Nachteile, die sich aus den nicht sehr detaillierten Angaben ergeben, sind für eine mikrohistorische Betrachtung (z. B. des absoluten Handels einer Stadt) sicher von großer Bedeutung, werden jedoch dadurch, dass sie für alle Städte gleichermaßen zutreffen, relativiert. Eine vergleichende Makro-Auswertung bleibt unter Benennung der Einschränkungen durchaus sinnvoll.

Ein erläuternder Aufsatz von Stefan Kroll und Karsten Labahn zu den Niederländischen Sundregistern als Quelle für den Fernhandel der Hafenstädte des Ostseeraums während des 18. Jahrhunderts kann als pdf-Datei heruntergeladen werden. Das dazu gehörige Informationssystem wurde 2004 auf CD-ROM veröffentlicht. [Braun, Kroll (Hg.), Städtesystem]